Strafanzeige wegen Verletzung des
Geschäftsgeheimnisses
Strafanzeige wegen wirtschaftlichem
Nachrichtendienst
Strafantrag wegen Verletzung des
Geschäftsgeheimnisses
Moritz Schriber erstatte am Oktober gegen seinen
Arbeitgeber Anzeige wegen Verdacht der
Geldwäscherei. Am 10. Februar wurde er
entlassen. Das Arbeitszeugnis verunmöglichte
es ihm, eine neue Stelle zu finden. Er fragte die
Bezirksanwaltschaft an, wie weit die Untersuchungen
seien. Eine Anklage und Verurteilung vor dem
Gericht hätte das Zeugnis relativiert und die
Arbeitssuche erleichtert. Entweder war die
Bezirksanwaltschaft überlastet oder kam aus
irgend welchen Gründen mit den Untersuchungen
nicht voran. Da liess er dem deutschen Focus einen
Kontoauszug über die unüblichen
Abrechnungen beim Drei-Länder-Fonds zu kommen.
(Eine Kopie inklusive dem Begleitschreiben
übergab er der Bezirksanwaltschaft). Der
Artikel im Focus beeindruckte, es wurde eine
Hausdurchsuchung bei den Verantwortlichen der Rabo
Investment durchgeführt. Der ehemalige
Arbeitgeber verklagte ihn darauf. Doch mit der
Weitergabe des Kontoauszuges an ausländische
Journalisten machte Moritz Schriber eindeutig
strafbar.
Es wurden umfangreiche Befragungen in der Sache
geführt. Da Moritz Schriber immer mehr
ausflippte, wegen seiner aussichtlosen Lage bei der
Stellensuche, wurde er auch ausfällig gegen
die Behörden. Die liessen ein psychiatrisches
Gutachten erstellen.
Am 12. September 2000 sollte die
Hauptversammlung wegen Verletzung des
Geschäftsgeheimnisses vor dem Bezirksgericht
stattfinden. Doch die Versammlung wurde nach 10
Minuten geschlossen, sein Anwalt machte geltend,
dass ohne Entbindung vom Geschäftsgeheimnis
keine Verteidigung möglich sei. In einer
Eingabe forderte der Anwalt der Rabo Investment
Management, die Gerichtsverhandlung müsse
unter Ausschluss der Öffentlichkeit
durchgeführt werden und schriftliche
Urteilserwägungen seien soweit zu
anonymisieren, dass keine Namen und Daten von
Kunden oder Mitarbeitern der erkennbar
würden.
Wirtschaftlicher Nachrichtendienst ist ein
Straftatbestand, das von Bundes wegen geahndet
werden muss. Das Verfahren wurde an die
Bezirksanwaltschaft Zürich delegiert und mit
dem Verfahren wegen
Geschäftsgeheimnisverletzung
zusammengelegt.
Am 10. April 2001 fand die Verhandlung vor dem
Bezirksgericht Zürich statt. Ausser den
Anwälten und den akkreditierten
Gerichtsberichterstattern wurde kein Publikum
zugelassen. Während der Verhandlung verliess
Moritz Schriber aufgebracht den Saal. Nachfolgend
erwähnenswerte Zitate
aus dem Urteil:
Die psychiatrische Universitätsklinik
Zürich wurde mit einer Begutachtung des
Angeklagten beauftragt. In dem Dr. med. Kiesewetter
erstatteten Gutachten wird festgehalten, dass sich
aus dem Nachweis einer erheblichen schweren
psychischen Störung zur Zeit des
strafrechtlich relevanten Verhaltens des
Angeklagten nicht mit hinreichender Sicherheit
führen lasse. Ebenfalls lasse sich aus
psychiatrischer Sicht auch nicht hinreichend
belegen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der
strafbaren Handlungen vermindert
zurechnungsfähig gewesen sein könnte. Es
ist aber gleichwohl zu bemerken, dass der
Angeklagte offenbar in gewissen Situationen dazu
neigt, sehr emotional zu handeln, wie das
Verlasssen der Gerichtsverhandlung.
Zu den Beweggründen des Angeklagten ist
anzuführen, dass dieser wohl nicht primär
aus purer Böswilligkeit gehandelt hat, um
seiner ehemaligen Arbeitgeberin in irgend einer
Form Schaden zuzufügen und insofern also auch
nicht primär im Sinne eines
«Rachefeldzuges» handeln wolIte. Vielmehr
ist davon auszugehen, dass er - aus seiner Sicht -
als Kämpfer für (Steuer-)Gerechtigkeit
und einen «sauberen
Finanzplatz» gehandelt hat.
Es ist dem Angeklagten auch zuzubilligen, dass
er wohl auch eine gewisse Angst davor hatte, dass
im Falle einer Untersuchung wegen
Geldwäscherei gegen seine Arbeitgeberin in der
Folge auch gegen ihn selber als verantwortlichen
Buchhalter Ermittlungen aufgenommen werden
könnten. Seine diesbezüglichen
Befürchtungen waren - insbesondere auch aus
seiner Sicht - auch nicht völlig abwegig, denn
gemäss dem Geldwäschereitatbestand wird
mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer
eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die
Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die
Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln.
AIs zeichnungsberechtigter Buchhalter fühlte
er sich - auf Grund seiner Feststellungen und
seiner eigenen daran anschliessenden
Interpretationen der von ihm wahrgenommenen
Vorgänge - durch die Gutzwiller & Partner
AG bezeihungsweise deren Rechtsnachfolgerin in
Bezug auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung und
bezüglich Beihilfe zur Vornahme von
wirtschaftlich nicht begründeten
Finanz-Transaktionen missbraucht.
Der Ablauf des Vorgehens des Angeklagten
lässt sich eigentlich in zwei Phasen
unterteilen. In der ersten Phase hat der Angeklagte
korrekt und vorschriftsgemäss gehandelt. Er
hat das getan, was auch der Staat und insbesondere
auch jedes redlich geführte
Finanzdientsleistungsunternehmen im Hinblick auf
die Bekämpfung der Geldwäscherei von
einem gewissenhaften Buchhalter einer Bank oder
eines bankähnlichen Unternehmens erwartet. Im
Jahre 1995 ist dem Angeklagten aufgefallen, dass
für eine an sich unkomplizierte
Überweisung von einem Konto in Panama auf ein
solches in Vaduz/Liechtenstein eine komplizierte
Konstruktion mit Transaktionen über mehrere
Off-Shore Finanzplätze und auch über
mehrere Konten benutzt wurde, wobei im Zeitraum von
Oktober 1995 bis September 1996 mittels fünf
Transaktionen je zwischen Fr. 600'000.- und Fr.
750'000.-, also insgesamt, Fr. 3'400'000.- für
einen ihm bekannten Kunden der Rabo Investment
Management «rein gewaschen» worden seien.
Der Angeklagte hat sich dann in der Folge auch
zuerst strikt an den Dienstweg gehalten und Herrn
Dr. Zimmer, Chef der Rabo Robeco Bank Schweiz, in
einem vertraulichen Gespräch über diese
ihm verdächtig erscheinenden Transaktionen
informiert. In der Folge wurden diese Transaktionen
in einem Due-Diligence-Verfahren, welches von der
ATAG
Ernst & Young durchgeführt wurde, auch
speziell geprüft, wobei ihm der damit
beauftragte Revisor in diesem Zusammenhang
später auch gesagt haben soII, es könne
sich auf Grund der vorliegenden Akten
bezüglich dieser Transaktionen eindeutig nur
um Geldwäscherei handeln und dieser aber nach
dem Äussern dieser Vermutungen sofort von
seiner Revisionstätigkeit freigestellt worden
sei. Erst danach, als der Angeklagte feststellte,
dass innerhalb der Firma im Zusammenhang mit den
von ihm zuvor geäusserten entsprechenden
FeststelIungen nichts Substantielles unternommen
wurde, wandte er sich in einem weiteren Schritt an
die zuständige Bezirksanwaltschaft.
Am 31. Januar 1997 musste der Angeklagte
überdies auch für die Entgegennahme und
Weiterleitung von 3.35 Kilogramm «Zahngold»
zwecks Einschmelzung unterschreiben, wobei er in
dem entsprechenden Kontext befürchtet habe, es
handle sich dabei um «Zahngold», welches
im Zusammenhang mit früheren Verbrechen gegen
die Menschlichkeit erlangt worden sein könnte.
Diese Einschätzung hat er innerhalb der Firma
auch mit einem Kollegen besprochen. Anfangs Februar
1997 wurde ihm dann schliesslich unter Einhaltung
der ordentlichen Kündigungsfrist sein
Arbeitsverhältnis gekündigt. Zudem wurde
er per sofort von seiner Tätigkeit
freigestellt.
Nach dieser Kündigung seitens seiner
Arbeitgeberin meldete sich der Angeklagte erneut
bei der Bezirksanwaltschaft und erkundigte sich
nach dem Stand des Verfahrens. Er glaubte
festzustellen, dass seit seiner Anzeige im Oktober
in dieser Angelegenheit nichts «gelaufen»
sei, weshalb er seine frühere Anzeige formell
wiederholte. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre am
Verhalten des Angeklagten auch nichts auszusetzen
gewesen.
Was seine weiteren Schritte betrifft, hat der
Angeklagte jedoch klar über das «Ziel
hinausgeschossen» und damit auch den Bereich
des legaIen Handelns verlassen. Der Angeklagte war
zwar verunsichert und auch schwer enttäuscht,
als er bei seinem zweiten Vorsprechen bei der
Bezirksanwartschaft das Gefühl bekommen hatte,
es würde in der von ihm zur Anzeige gebrachten
Angelegenheit nichts unternommen.
In der Folge scheint er sein Vertrauen in die
Justiz generell verloren zu haben. Anlässlich
der Hauptverhandlung beschimpfte er das Gericht
massiv. Zudem äusserte er sich auch
dahingehend, dass man nun endlich einmal das ganze
«Verbrecherpack» verurteilen soIIe.
Daraufhin verliess er in respektloser Manier den
Gerichtssaal.
Die Übergabe diverser vertraulicher
Unterlagen beziehungsweise seines Berichtes
über Interna an Journalisten des deutschen
Magazins Focus, später auch an eine
Mitarbeiterin von Manpower, war wohl durch sein
Bedürfnis motiviert, den vermeintlichen
Geldwäscherei-FaIl und sonstige
Ungereimtheiten bei seinem ehemaligen Arbeitgeber
zu erklären, weshalb er bei seinem ehemaligen
Arbeitgeber entlassen wurde.
An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen,
dass das Verfahren
wegen Geldwäscherei gegen Georg Kastl und
weitere Mitangeschuldigte nicht etwa eingestellt
wurde, weil die vom Angeklagten eingereichte
Strafanzeige völlig aus der Luft gegriffen
gewesen wäre. Vielmehr wird in der
entsprechenden Einstellungsverfügung
festgehalten, dass die Gelder, welche in den Jahren
1995/1996 Gegenstand der fraglichen Transaktionen
waren, letztlich wohl schon einen deliktischen
Hintergrund hatten. Wobei aber der Nachweis nicht
erbracht werden konnte, dass direkt oder indirekt
Gelder oder Erlöse aus dem Drogenhandel
transferiert worden sind. Deshalb musste zugunsten
der angeschuldigten Personen davon ausgegangen
werden, dass es sich bei den entsprechend
transferierten Geldern um den Erlös aus dem
Zigarettenschmuggel gehandelt habe.
Zigarettenschmuggel war und ist auch in der Schweiz
strafbar. Dabei handelt es sich nach
schweizerischem Recht aber lediglich um
Zolldelikte, welche nicht als Verbrechen zu
qualifizieren sind. Aus diesem Grund kann das
«Weisswaschen» solcher Gelder in der
Schweiz auch nicht als Geldwäscherei
strafrechtlich verfolgt werden.
Moritz Schriber wurde zu 5 Tage Gefängnis
und einer Busse von Fr. 1000.- verurteilt.
Die Strafklage und die damit verbunden
Schadenersatzforderung wurde von der Rabo
Investment Management zurückgezogen.
In einem Berufungsverfahren vor dem Obergericht
Zürich wurde die Strafe auf Fr. 500.-
reduziert.
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