Brief des Zürcher Ombudsmanns an den Regierungsrat Markus Notter
Zürich, 7. Juli 1999

Strafverfahren gegen die Organe der Rabobank (Schweiz) AG in Sache Tarapaca Investments Ltd. / Thomas Westermeier

Sehr geehrter Herr Regierungsrat

Ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 21. Juni 1999. Entgegen unserem Gesprächsergebnis vom 20. Mai 1999 teilen Sie mir nun mit, dass Sie aufgrund der von Herrn Staatsanwalt Felber und der untersuchungsführenden Bezirksanwältin Matzinger am 9. Juni 1999 gemachten Orientierung über den Stand des obgenannten Verfahrens eine Zuweisung an das BAK III nicht vornehmen werden.

Der Walcheturm, das markanteste Zürcher Regierungsgebäude

Im an Sie gerichteten Schreiben vom 11. Juni 1999 von Frau Bezirksanwältin Matzinger, worin sie die zeitliche Abfolge dieses absolut zu lange dauernden Verfahrens beschreibt, wird materiell (um was es eigentlich geht) nichts ausgesagt. Das einzig Konkrete ist die Bemerkung unter Ziffer 3, Abschluss des Verfahrens: «Wenn sich aus den noch ausstehenden Erklärungen resp. Belegen kein Verdacht für strafbare Handlungen mehr ergibt, wird das Verfahren bis Ende August 1999 eingestellt.»

An unserem erwähnten Gespräch vom 20. Mai 1999 habe ich Ihnen meine dezidierte Meinung bezüglich dieses Falles dargelegt. Ich betone nochmals ausdrücklich, dass es mir in diesem Fall, der, wie wir alles wissen, wahrlich nicht optimal bearbeitet wurde, darum geht, dass einerseits eine einwandfreie Strafuntersuchung stattfindet und andererseits schlussendlich der Kanton Zürich nicht in irgendeiner Form nicht haftpflichtig wird. Es ist mir auch nicht möglich, das Untersuchungsergebnis von Frau Bezirksanwältin Matzinger zu «bestimmen». Ich habe in meinem Schreiben vom 15. März 1999 lediglich Frau Matzinger auf die mir mitgeteilten und nach meinem Wissensstand bestehenden Ungereimtheiten in diesem Verfahren, die meines Erachtens näherer Abklärung bedürfen, hingewiesen. Meine Feststellungen haben sich auf den Bericht des von mir beigezogenen Sachverständigen A. Waldmeier gestützt. Dass dieses Schreiben von Frau Matzinger und der Staatsanwaltschaft nicht mit «Freude» aufgenommen wurde, ist für mich verständlich.

Was mir jedoch aufgrund meines heutigen Wissenstandes nicht verständlich ist, ist folgendes: Frau Matzinger schreibt in ihrem Brief vom 11. Juni 1999 an Sie, dass «wenn sich aus den noch ausstehenden Erklärungen resp. Belegen kein Verdacht für strafbare Handlungen mehr ergibt, wird das Verfahren bis Ende August 1999 eingestellt.»

Diese Aussage erstaunt mich sehr. Hat doch Herr A. Waldmeier, Wirtschaftsprüfer, Kantonspolizei Zürich, in seinem Bericht vom 30. April 1999 an Frau Matzinger folgendes festgehalten:

«... Aus dieser Sachlage ergibt sich der Verdacht einer teilweisen unrechtmässigen Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf von Sicherheiten (Treugut), so dass aus objektiver Sicht vom Tatbestand der Veruntreuung, bzw. ungetreuen Geschäftsbesorgung (unrechtmässige Bevorzugung von Marcos Kiosseoglou), auszugehen ist.»

Ob diese Feststellung im Laufe der Untersuchung entkräftet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Eine Stellungnahme zu dieser Aussage hätte ich im an Sie gerichteten Schreiben vom 11. Juni 1999 von Frau Matzinger erwartet, weil sie genau weiss, dass dies ein Essentialia des Berichtes von Herrn Waldmeier vom 30. April 1999 bildet.

Es ist auch für mich nicht nachvollziehbar, wie Frau Matzinger unter den gegebenen Umständen (Bericht Waldmeier) das Verfahren einstellen wird. Bezüglich diesem Punkt verweise ich auf den Kommentar von Niklaus Schmid, wo er zur Einstellung des Verfahrens ausführt: «... Da Untersuchungs- und Anklagebehörden nicht dazu berufen sind, über Recht oder Unrecht zu richten, dürfen sie nicht allzu rasch, gestützt auf eigene Bedenken (die irrtümlich sein können), zu einer Sistierung schreiten: In Zweifelsfällen beweismässiger oder vor allem rechtlicher Art soll Anklage erhoben werden. Der Grundsatz Ðin dubio reoð spielt hier nicht.»

Nebenbei möchte ich auch noch bemerken, dass ich die Äusserung von Herrn Staatsanwalt Felber gegenüber Cash in dieser Angelegenheit bezüglich den von Herrn Waldmeier aufgeführten Verdacht einer strafbaren Handlung mehr als eine unglückliche Bemerkung empfinde. Ich frage mich, warum «diesem Beamten» diese Feststellung seines Verdachtes nicht gebührte? Einig gehe ich mit Herrn Staatsanwalt Felber darin, dass es wirklich Sache des Richters ist, über diesen Verdacht zu urteilen. Dass Herr Waldmeier diesen Verdacht äussert, wenn er ihn festgestellt hat, ist seine Pflicht!

Zusammenfassend muss ich feststellen, dass obwohl der fachlich ausgewiesene Wirtschaftsprüfer bei der Kantonspolizei, Hell A. Waldmeier, den Verdacht der Veruntreuung bzw. ungetreuen Geschäftsbesorgung geäussert hat, Frau Bezirksanwältin Matzinger das Verfahren, sofern sich «kein Verdacht für strafbare Handlungen mehr ergibt», bis Ende August 1999 einstellen wird.

Selbstverständlich kann Herr Westermeier gegen die Einstellungsverfügung ein Rechtsmittel ergreifen. Problematisch erscheint mir jedoch die damit erfolgende Zuweisung der «Rollen».

Der Staat hat in diesem Verfahren sehr viel Aufwand betrieben. Eine allfällige Anklageerhebung lieg nicht in meiner Entscheidungsbefugnis. Gemäss § 89 VRG habe ich jedoch zu prüfen, ob die Behörden nach Recht und Billigkeit verfahren. Ich muss heute zur Kenntnis nehmen, dass die Strafverfolgsbehörden des Kantons Zürich trotz des geäusserten Verdachts des Tatbestandes einer Veruntreuung bzw. ungetreuen Geschäftsbesorgung durch eine bestens ausgewiesene Fachperson der Kantonspolizei Zürich (A. Waldmeier, Wirtschaftsprüfer) das genannte Verfahren einstellen werden.

Sehr geehrter Herr Regierungsrat, gemäss § 93 lit. c VRG könnte ich eine schriftliche Empfehlung aussprechen in dem Sinne, dass diese Untersuchung durch das BAK III. zu Ende zu führen sei. Aufgrund der heutigen Situation ist dies wohl überflüssig. Daher bleibt mir nur festzustellen, dass ich für die Art und Weise wie diese Untersuchung vorgenommen wurde, Bedenken anmelde und ich meine Schlüsse gezogen habe. Ich bitte Sie, dies ebenfalls zu tun.

 

Mit freundlichen Grüssen

OMBUDSMANN DES KANTONS ZÜRICH

Markus Kägi


 

Kopie an:

Herrn Dr. Marcel Bertschi, I. Staatsanwalt des Kantons Zürich

Herrn Armin Felber, lic. iur., III. Staatsanwalt des Kantons Zürich

Frau Iris Matzinger, lic. iur., Bezirksanwältin

Herrn Thomas Westermeier


Kommentar

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