Dreiländerfonds: Über 390 Millionen DM Funktionsträgergebühren zulasten des Fondsvermögens

Das Musical-Theater in Stuttgart

Als der «Mercedes unter den Kapitalanlagen» wurden diese Immobilienfonds einst angepriesen. Die verschiedenen Fonds glänzten mit wunderschönen Renditen. 1994 wurde der grösste Drei-Länder-Fonds 94/17 aufgelegt. Rund 20'000 Anleger haben diesem Qualitätsversprechen geglaubt. und etwa 1,3 Mrd. D-Mark in investiert. Eine Mischung aus Geschäftsimmobilien in Deutschland, aus Wohnimmobilien in den USA und Kapitalanlagen in der Schweiz sollten zudem diesen Fonds gegen alle Risken absichern. Heute haben die Fonds noch rund 10% Substanzwert ...

Die führenden deutschen Brancheninformationsdienste sowie renommierte Wirtschafts- und Verbraucherschutzmagazine haben sich jahrelang publizistisch mit dem grundsätzlichen Konzept der Drei-Länder-Fonds befasst und dabei mehr oder weniger offen die Vermutung geäussert, dass es sich dabei um ein «gigantisches Schneeballsystem» handeln könnte: Durch den allen Drei-Länder-Fonds gemeinsamen Investitionsteil «Schweizerisches Wertpapierdepot» verfügten die Fonds über eine hohe Liquidität, so dass die prospektierte Ausschüttung dennoch - aber eben aus der Substanz - vorgenommen worden konnte ...

Den durch die Focus Berichterstattung aufgekommene Untreueverdacht gegen Walter Fink durch Erhalt von so genannten «Kick-Back-Zahlungen», beziehungsweise «Aufwandsentschädigungen» von der schweizerischen Depotverwalterin hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart untersucht. Der Focus hatte damals von halbjährlich erfolgten Zahlungen berichtet und die damals aktuellste Zahlung in Höhe eines Einzelbetrages von 407'802.75 Sfr. belegt.

«Kick-Back-Zahlungen» waren prinzipiell und materiell erst dadurch möglich geworden, dass der Beschuldigte Walter Fink zuvor (markt-)unüblich hohe Honorarvereinbarungen mit der schweizerischen Depotverwalterin für deren «Leistungen» abgeschlossen hatte.

Insgesamt wurden bis Mitte Mai 2002 die unglaubliche Summe von 379'364'781.03 DM an die Funktionsträger ausbezahlt. Vom angeblichen Fondsvermögen von rund 2,1 Mia. DM waren folgende einmalige Gebühren, laut den Fondsstatuten (dem «Kleingedruckten») zugunsten von Walter Fink, respektive seiner Firma Kapital Consult fällig:


Fondsvermögen nach Kapital Consult

2'111'000'000

Eigenkapital

1'649'000'000

Fremdmittel

462'000'000


Eigenkapitalbeschaffung

8.00%

168'880'000

Fremdkapitalbeschaffung

5.00%

23'100'000

Konzeption

1.50%

31'665'000

Prospekterstellung

0.30%

6'333'000

Finanzierungsvermittlung

0.80%

16'888'000

Komplementärvergütung

1.50%

31'665'000

Treuhandschaft

1.15%

24'276'500

Steuerberatung

1.15%

24'276'500


Gebühren Kapital Consult

327'084'000


Wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart jedoch feststellte, war die Bemessungsgrundlage falsch, es sei davon auszugehen, dass das maximale Fondsvermögen aller Drei-Länder-Fonds höchstens 1'745 Mio. betragen habe. 62,8 Mio. DM seien aus betrügerischen Berechnungen an Walter Fink geflossen.

>> Ermittlungsbericht der Staatsanwaltschaft Stuttgart

>> Drei-Länder-Fonds Geschichte

>> Drei-Länder-Fonds: Retrozessionen

>> Drei-Länder-Fonds: Weitere Berichte


Kommentar

Mit schönen Prospekten und wunderbaren Renditeversprechen lockt man Kleinsparer in einen Fonds zu investieren. Mit dem allseitig bekannten Schneeballsystem werden am Anfang die Renditeversprechen eingelöst. Die Funktionsträger langen grosszügig in die Kasse, der Verkauf der Fondsanteile ist wichtiger als die sorgfältige Zusammenstellung und Bewirtschaftung des Immobilien-Portefeuilles. - Selber schuld, wer da mit macht ! ?

Doch wenn Banken, Vertriebsgesellschaften und Vermittler am System mitbeteiligt sind, ihren Kunden diese Anlagevehikel verkaufen, oder sogar empfehlen, muss man sich fragen - sind die auch geblendet von den Hochglanzprospekten? Oder sind die nur interessiert an den hohen Vermittlungsprovisionen?

Spekulieren darf man über die Höhe der Vermittlungs-Provisionen. Dazu kommen diejenigen an die Immobilienhändler, welche die Liegenschaften in den Fonds einbrachten. Es ist anzunehmen, diese waren auch auf (markt)unüblicher Höhe. Wenn so rund ein Drittel des Fondsvermögens für Provisionen gebraucht wird, kann man das nur als «Abkassiersystem erster Güte» bezeichnen.

Wie weit Berater, Depotbanken und Anwälte, die am Fondsgeschäft beteiligt waren, kriminell handelten, das müssen die Gerichte feststellen. Nur der Beweis von Straftatbeständen ist schwierig zu erbringen. Darauf zählen wahrscheinlich viele der Beteiligten. Moralisch verwerflich ist es in jedem Fall.


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