Die Zigaretten-Mafia in der Schweiz

Bevorzugtes Schmuggelgut: amerikanische Zigarrettenmarken

Tabakprävention bei Jugendlichen, Schutz vor Passivrauchen und die Raucherentwöhnung stehen immer als Vorwand für die Steurererhöhungen. Es steht dem Staat offen zu versuchen, die Bürger zu gesünderen oder moralisch erstrebenswerten Verhaltensweisen zu ermutigen, aber er darf doch nicht wie ein Zuhälter von einem als unmoralisch oder ungesund eingestuften Verhalten unverhältnismässig abkassieren; wie z.B. für Drogen, alkoholische Getränke, die Pornografie, die Prostitution, Glücksspiele und vieles mehr.

Eine speziell hohe Besteuerung der nicht optimalen Verhaltensweisen oder der dabei zum Gebrauch kommenden Produkte ist mehr als fragwürdig. Der Staat wird durch die Steuer zum Mitläufer bei der immoralen oder ungesunden Betätigung und ausserdem ermutigen überrissene Steuern illegale Tätigkeiten. Aber da verdienen ja auch die Banken mit ...

Dass der gesundheitspolitische Bezug nicht im Vordergrund steht schreibt sogar das Bundesamt für Gesundheit in «spectra» Nr. 32: Da die Einkünfte der Tabaksteuer in die Kasse der Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) und der Invalidenversicherung (IV) fliessen, deren Leistungen allen zugute kommen, muss auch gründlich geklärt werden, ob die Steuererhöhung zu Mehr- oder Mindereinnahmen für diese Sozialwerke führen. Wie würden sich zudem deutlich erhöhte Preise auf den Schmuggel und den Einkaufstourismus über die Grenze auswirken?

 


Klage der EU

Am 30. Oktober 2002 hat die EU beim United States District Court Eastern District of New York gegen den Tabakkonzern Reynolds geklagt. Die EU beschuldigt Reynolds, den Tabakschmuggel zu fördern, das Unternehmen arbeite mit dem organisierten Verbrechen zusammen und leiste bei Geldwäscherei Helferdienste. Dadurch sei der EU ein grosser finanzieller Schaden entstanden. Die Schweiz ist in dieser Klage prominent vertreten. Nebst Schweizer Geschäftsleuten wird auch das Basler Handelsunternehmen Weitnauer AG beschuldigt, massgeblich am Zigarettenschmuggel beteiligt zu sein. In der Klage heisst es weiter, die Tabakmultis hätten ihren Sitz in die Schweiz verlegt, weil sie hier vor Strafverfolgung sicher seien. Schuld daran seien das Schweizer Bankgeheimnis und die Schweizer Gesetzgebung. In der Klage wird die Schweiz als sicherer Hort für kriminelle Banden, Zigarettenschmuggler und Geldwäscher bezeichnet und bringt multinationale Konzerne und Geschäftsleute mit dem organisierten Verbrechen in Verbindung.

 


Schweizer Fernsehen entlarvt Treuhänder als Zigarettenschmuggler

Anhand von zwei Fällen zeigte das Schweizer Fernsehen am 21. Januar 2001 in seiner Sendung 10 vor 10 auf welchen Kanälen die Zigaretten geschmuggelt werden und wer sich dabei die Finger verbrennt. Der grösste Fall führte nach Rebstein. Letztes Jahr fuhren die Schweizer Zollfahnder, begleitet von ihren deutschen Kollegen, auf der Suche nach Beweismitteln für den Zigarettenschmuggel in Rickenbach bei Wil vor. Der Vorwurf: Lastwagen der Firma Aslantrans verschoben Glimmstengel nach Osteuropa, vor allem in Hafenstädte von Ex-Jugoslawien.

Auftraggeber war ein Schweizer Treuhänder. Der deutsche Oberstaatsanwalt Hans Jürgen Kolb, einer der erfahrensten Kämpfer gegen die Zigaretten-Mafia, bearbeitete in den letzten Jahren gegen 80 Fälle. Bei rund 70 davon führten die Spuren in die Schweiz. Der aktuelle Fall aus dem Rheintal sei der grösste Fall, welchen er bis heute bearbeitete habe, so Kolb wörtlich in der 10 vor 10-Sendung. Das Geschäft, welches in der Ostschweiz begann, fand in der Stadt Bari am Mittelmeer seine Fortsetzung. Die Zigaretten, angeblich für Montenegro bestimmt, landeten auf Schnellbooten der Schmuggler-Mafia. Meist im Schutze der Dunkelheit wurden die Zigaretten dann an die italienische Adriaküste verschoben und von dort mit hohem Gewinn auf den EU-Markt geworfen. Ausgerechnet in Rebstein wohnt der Mann, den der deutsche Schmugglerjäger wegen Betrugs ins Visier genommen hat. Es handle sich um Jürg Hermann Graf, gegen den Kolb demnächst Anklage erheben will. Auch Grafs Wohnhaus sei vor kurzem Schauplatz einer erfolgreichen Hausdurchsuchung gewesen. Der mutmassliche Zigarettenschmuggler wollte sowohl vor der Kamera als auch gegenüber der Rheintalischen Volkzeitung keine Stellung nehmen.

Nach heutigen Erkenntnissen sei der Schweizer Treuhänder einer der Lizenznehmer in Montenegro gewesen, erläutert Kolb die bisherigen Erkenntnisse. Er habe die ganze Logistik aufgebaut, Scheinfirmen gegründet und über diese Scheinfirmen dann die Transporte in Gang gesetzt. Da Zigarettenschmuggel in der Schweiz strafrechtlich direkt nicht verfolgt wird, ist Graf bis jetzt nur ausserhalb der Schweiz zur Verhaftungen ausgeschrieben. Der Oberstaatsanwalt habe errechnet, dass er dem Beschuldigten über 1000 Transporte nachweisen werde. Die Abgabeschuld betrage zwei Milliarden Deutsche Mark (rund eine Milliarde Euro). Wie aus Nachbarskreisen zu erfahren war, ist Jürg Hermann Graf in Altsätten aufgewachsen, und wohnt heute im Hause seines Bruders, einem ehemaligen Kantonsrichter ...

 


Schweizer Behörden: Kein Handlungsbedarf ...

Der physische Zigarettenschmuggel ist in der Schweiz nur eine Randerscheinung. Zudem kooperiert der Schweizer Zoll mit der EU und den Nachbarländern, um dem organisierten Schmuggel Paroli zu bieten. Dies schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Dringliche Einfache Anfrage von Nationalrätin Ruth Genner (Grüne/ZH). Ruth Genner hatte in ihrer Dringlichen Anfrage Auskunft über den Zigarettenschmuggel in der Schweiz und dessen Bekämpfung verlangt, sowie über den Stand der internationalen Zusammenarbeit.

In seiner Antwort schreibt der Bundesrat, dass die Schweiz mit niedrigeren Steuern als die EU und einem relativ kleinen Markt mit lediglich 7 Mio. Einwohnern für den physischen, organisierten Zigarettenschmuggel geringen Anreiz biete. Dies habe zur Folge, dass dieser in unserem Land praktisch inexistent sei. Bekannt seien lediglich einige vom Schweizer Zoll aufgedeckte Fälle, bei denen indessen tatsächlich EU-Steuerinteressen verletzt worden seien. Im Rahmen risikogerechter Kontrollen, d.h. mit gezielten Stichproben im Waren- und Reiseverkehr versuche der Zoll auch künftig, Unregelmässigkeiten zu begegnen. Da gegenwärtig ein lediglich unbedeutender Zigarettenschmuggel (wohl primär im Reiseverkehr) zum Nachteil der Schweiz bestehe, ergreife die Schweiz auch keine spezifischen, auf diese Schmuggelart fokussierte Massnahmen.

Zynischer geht es nicht mehr: Die Mafia kann straflos von der Schweiz aus operieren und natürlich auch alle Dienste der Schweizer Banken in Anspruch nehmen solange es nicht zum Schaden des Schweizer Fiskus kommt. Wenn man bedenkt, dass parallel zum Zigaretten- auch Drogenschmuggel und Menschenhandel im Spiel sind ist diese Haltung menschenunwürdig.

 


Affäre Franco Verda und Pate Gerardo Cuomo

Begonnen hatte die Affäre mit einem Urteil. Richter Verda verfügte im Frühjahr 1999, dass dem notorischen Mafioso und Zigarettenschieber Francesco Prudentino rund anderthalb Millionen Franken zustünden. Für die kriminelle Herkunft der beschlagnahmten Summe fehle es an Beweisen. Über diesen erfreulichen Entscheid wurde der Begünstigte (Codename Luigi) bereits vorab informiert - von seinem Komplizen Gerardo Cuomo. Das Telefonat (Pronto Luigi, hörst du mich?) zeichneten italienische Ermittler auf.

Wenige Tage nach dem verhängnisvollen Urteil begab sich Richter Verda mit Freundin Désirée Rinaldi auf eine Kreuzfahrt ins Mittelmeer. Gastgeber auf der Luxusyacht war Schmuggler Cuomo: Der Richter und sein Pate erlebten unbeschwerte Tage. Dann tauchten Fotos der Sause auf. Der Skandal war perfekt. Erschwerend kam hinzu, dass die Lebensgefährtin des Richters dem zwielichtigen Cuomo als Anwältin diente. Auch sie sitzt inzwischen in Haft. Cuomo selbst wurde im Mai in einem Zürcher Krankenhaus festgenommen. Ihn beschuldigt die italienische Justiz des Drogen- und Waffenhandels und der Geldwäsche. Das Delikt des Zigarettenschmuggels allein hätte zu einer Verhaftung durch die Schweizer Behörden nicht ausgereicht.

Zigarettenschmuggel ist kein Straftatbestand, solange er nicht das Territorium der Schweiz tangiert, sagt Hermann Kästli, Vizedirektor bei der Oberzolldirektion in Bern. Für die Schieber ist das ein Standortvorteil.

 


Die Affäre Bundesrätin Elisabeth Kopp

Zigarettenschmuggel ist längst nicht mehr ein harmloses Geschäft. Der Tabakschmuggel entfaltete sich nach dem Zweiten Weltkrieg und unter der Kontrolle italienischer Mafia-Familien zu einer eigentlichen Industrie. Ende der siebziger Jahre stiegen diese Verbrechersyndikate, damals vorübergehend auf Menschenraub spezialisiert, ins illegale Drogen- und Waffengeschäft ein. Seither benutzen sie in der Schweiz den Zigarettenschmuggel als Alibi und Schweizer Schmuggelorganisationen als Geldwaschanstalten.

Niemand weiss dies besser als die Basler Staatsanwaltschaft. Und sie muss es seit zehn Jahren wissen, genau genommen: seit dem Jahre 1980, als sie erstmals eine Ermittlung gegen Mitglieder der Peseta-Connection abblockte und sabotierte. Schon damals hatte die Polizei ihre Fahndung auf die Schmuggler Laurent, Kastl und Chiavi konzentriert. Und schon damals wollte die Polizei den Beweis erbracht haben, dass es bei der Peseta-Connection nicht nur um Zigaretten, sondern auch um Drogen und Waffen ging. Inzwischen avancierte die Schweiz zum bevorzugten Finanzplatz des organisierten Verbrechens und zur Drehscheibe für internationale Drogen- und Waffenschieber. Die Peseta-Connection hat Modellcharakter für diese Entwicklung, die durch das scheinbar harmlose Geschäft mit Schmuggelzigaretten eingeläutet wurde und an deren Ende die Pizza- und Libanon-Connection, die Shakarchi- und Gerber/Kopp-Affäre stehen.

 


Der Richter und sein Pate

Im Tessin sitzt der höchste Strafrichter in Untersuchungshaft. Er pflegte zu enge Kontakte zum König der Zigarettenschmuggler.

Rasch und mit kalter Präzision lief die Aktion Cornet an. Hunderte Fahnder stürmten in vier europäischen Ländern die Lagerhallen eines Schmugglerrings. 22 Gangster wurden überrumpelt. Waffen, Fahrzeuge und Konserveneimer mit der Aufschrift Sauerkraut aus deutschen Landen oder Oliven aus Italien stellten die Ermittler sicher. In den Behältern befand sich ein Teil von 50 Millionen unverzollter Zigaretten aus Lettland - Konterbande für den Schwarzmarkt Grossbritanniens, wo ein Päckchen rund 13 Mark kostet.

Die Bosse des Syndikats sassen unbehelligt in der Schweiz – wie fast immer beim Milliardengeschäft mit geschmuggelten Zigaretten. Täter aus der Schweiz und Liechtenstein bedienen sich Hunderter Briefkastenfirmen, mit denen ausschliesslich dunkle Geschäfte gemacht werden, erklärt der Augsburger Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Kolb.

Und die Täter bedienen sich auch der Justiz: Jetzt wurde selbst der Präsident des kantonalen Strafgerichts des Tessin, Franco Verda, verhaftet. Ihm werfen die Ermittler Komplizenschaft mit dem Paten Gerardo Cuomo vor. Dem höchsten Strafrichter des italienischsprachigen Kantons drohen, im Falle einer Verurteilung, bis zu fünf Jahre Haft. Das ist selbst für das skandalerprobte Tessin eine Sensation.

Begonnen hatte die Affäre mit einem Urteil. Richter Verda verfügte im Frühjahr 1999, dass dem notorischen Mafioso und Zigarettenschieber Francesco Prudentino rund anderthalb Millionen Franken zustünden. Für die kriminelle Herkunft der beschlagnahmten Summe fehle es an Beweisen. Über diesen erfreulichen Entscheid wurde der Begünstigte (Codename Luigi) bereits vorab informiert - von seinem Komplizen Gerardo Cuomo. Das Telefonat (Pronto Luigi, hörst du mich?) zeichneten italienische Ermittler auf.

Wenige Tage nach dem verhängnisvollen Urteil begab sich Richter Verda mit Freundin Désirée Rinaldi auf eine Kreuzfahrt ins Mittelmeer. Gastgeber auf der Luxusyacht war Schmuggler Cuomo: Der Richter und sein Pate erlebten unbeschwerte Tage. Dann tauchten Fotos der Sause auf. Der Skandal war perfekt. Erschwerend kam hinzu, dass die Lebensgefährtin des Richters dem zwielichtigen Cuomo als Anwältin diente. Auch sie sitzt inzwischen in Haft.

Cuomo selbst wurde im Mai in einem Zürcher Krankenhaus festgenommen. Ihn beschuldigt die italienische Justiz des Drogen- und Waffenhandels und der Geldwäsche. Das Delikt des Zigarettenschmuggels allein hätte zu einer Verhaftung durch die Schweizer Behörden nicht ausgereicht.

Zigarettenschmuggel ist kein Straftatbestand, solange er nicht das Territorium der Schweiz tangiert, sagt Hermann Kästli, Vizedirektor bei der Oberzolldirektion in Bern. Für die Schieber ist das ein Standortvorteil. Halten sie sich an Recht und Gesetz der Eidgenossen, können sie unbehelligt aus dem Tessin die Schmuggelkonvois durch Europa dirigieren.

Oft wird auch der Seeweg gewählt. Im Januar 1997 etwa brachten spanische, französische und belgische Einheiten eine Schmuggler-Flottille auf. An Bord stapelten sich 2,2 Milliarden Zigaretten. Als Zielort waren Länder in Afrika angegeben. Tatsächlich sollten die unversteuerten Zigaretten in Spanien verhökert werden. Als europäisches Schmugglerparadies hat sich jedoch Montenegro einen Namen gemacht. Aus Stützpunkten an der Adria verschifft die Zigarettenmafia ihre heisse Ware, sagt Alessandro Butticé vom Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung, Raucher in der EU sind die Abnehmer.

Nach Schätzungen italienischer Behörden streichen die Tabakbarone jährlich mehrere Milliarden Mark Profit ein. Geld, das den EU-Staaten als Steuereinnahme verloren geht und in Schweizer Banktresoren lagert.

Ich kenne bessere Formen der Kooperation, kritisiert der Augsburger Staatsanwalt Kolb das Zusammenspiel der EU-Behörden mit den Schweizern. So wartet er seit vier Jahren, dass die Eidgenossen ein Rechtshilfegesuch bearbeiten.

Richter Verda profitiert unterdessen von seiner Gesetzeskenntnis: Er heiratete seine Freundin. Nach dem Jawort der beiden verhafteten Juristen können sie belastende Aussagen über ihren Partner verweigern.

Längst sind die störrischen Schweizer auch ein Ärgernis auf höchster Brüsseler Ebene. Kommissionspräsident Romano Prodi und die Kommissarin für Betrugsbekämpfung, Michaele Schreyer, drängten den schweizerischen Aussenminister Joseph Deiss vor einem Monat, endlich härter gegen die Kriminellen vorzugehen. Deiss spielte die Standpauke herunter: Er habe einen freundschaftlichen Meinungsaustausch mit den Europäern gehabt.

Jan Dirk Herbermann

 


Komentar

Vor Jahren weisen die EU Bundesrat Deiss darauf hin, dass ein Problem mit dem Zigarettenschmuggel und der Geldwäscherei besteht. Man darf davon ausgehen, dass in dieser Sache gar nichts passiert ist. Wie sagt Bundesrat Dr.iur. Christoph Blocher so schön: «Wir wollen keine fremden Vögte in der Schweiz».

Erwünscht sind aber fremde Vögte, wenn sie Schweizer Banken kontollieren. Beispielsweise die Rabobank hält 46% des Kapitals der Bank Sarasin und beherrscht diese mit mehr als 68% der Stimmrechte. Wenn das keine fremden Vögte sind?

Zeichen einer neuen Politik nach der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat. Die Bundesanwaltschaft erhebt Ende Septbember 2008 Anklage gegen Geldwäscher im Dienste der Zigarettenmafia. Doch wer hat Christoph Blocher mit seiner Politik und unsäglichen Polemik gegen den Bundesanwalt Valtein Roschacher begünstigt?

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