Die Affäre Oskar Holenweger und die Schweizer Justiz

Oskar Holenweger: «H-Liste war persönliche Orientierungshilfe»

Die Einschüchterung der Bundesanwaltschaft und das unsägliche Schlechtreden des Bundesanwalts durch Kreise, welche Christoph Blocher nahe standen, führten zum Abgang von Valentin Roschacher. Doch seit der Abwahl von Christioph Blocher hat die oberste Strafverfolgungsbehörde mehr Handlungsspielraum für Untersuchungen im Zusammenhang mit der Alstom und dem Blocher-Freund Oskar Holenweger. Gespannt darf man sein, wer die Drahtzieher und Auftraggeber für die grossen, illegalen Zahlungen gewesen waren. Zur Erinnerung: Alstom Schweiz wurde dank dem Verkauf eines Konzernteils von ABB zur heutigen grossen Industrie-Firma. Der Verkauf erfolgte auf Druck von Martin Ebner und wahrscheinlich auch von Christoph Blocher.

 


Polizeibesuch bei Alstom

Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Korruption und Geldwäscherei 

Die Bundesanwaltschaft hat am Donnerstag mit Unterstützung der Bundeskriminalpolizei und kantonaler Kräfte «im Umfeld des Alstom Konzerns» mehrere Hausdurchsuchungen durch geführt. Betroffen waren dabei laut einer Medienmitteilung auch die Büros der Alstom Prom AG in Baden. Es handelt sich laut Angaben der Alstom Schweiz um eine kleine Geschäftseinheit zur Pflege der Kontakte zwischen den schweizerischen Akteuren und dem in 70 Ländern aktiven Konzern. Ein ehemaliger leitender Compliance Manager der Gruppe, der – unterdessen pensioniert – auch Geschäftsleitungsmitglied der Alstom Prom war, wurde festgenommen. Ihm und weiteren, namentlich noch nicht bekannten Verdächtigten werden ungetreue Geschäftsführung, Korruption und Geldwäscherei vorgeworfen.

Gemäss den bisherigen Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft sind über die Alstom Prom Korruptionszahlungen zur Beeinflussung von Aufragsvergabeverfahren an Amtsträger und Funktionäre verschiedener Länder getätigt worden. An den Hausdurchsuchungen in Baden, im Raum Zürich und in der Innerschweiz waren – gestützt auf ein Rechtshilfeersuchen aus Frankreich – auch französische Polizisten im Einsatz. Das gerichtspolizeiliche Ermittlungsverfahren soll aber, so wird im Communique betont, in keinem direkten Zusammenhang mit anderen, noch nicht abgeschlossenen Verfahren gegen Personen aus dem Umfeld des in Paris domizilierten Konzerns stehen.

Davon gibt es einige: Im Mai war bekannt geworden, dass die Bundesanwaltschaft einzelne Alstom-Konzernmitglieder der Bestechung und Geldwäscherei im Umfang mehrerer hundert Millionen Dollar verdächtigt und zu diesem Zweck in Frankreich um Rechtshilfe nachgesucht habe. Es soll sich, wie damals das «Wall Street Journal» in Erfahrung gebracht hatte, um Schmiergelder zur Beschaffung von Aufträgen in Südamerika und Asien gehandelt haben. Das Ermittlungsverfahren basiert auf Ungereimtheiten, die vor knapp fünf Jahren bei der Überprüfung der Aktivitäten der Zürcher Tempus Privatbank entdeckt worden waren. Der Hauptaktionär dieses Institutes, Oskar Holenweger, war Ende 2003 wegen des Verdachtes auf Rezyklierung von Drogengeldern und eben auch der Bewirtschaftung schwarzer Alstom-Kassen festgenommen und fast sieben Wochen in Untersuchungshaft gehalten worden. Die Ermittlungen sind nun abgeschlossen und von der Staatsanwaltschaft an das Untersuchungsrichteramt weitergeleitet worden. Dieses wird jetzt die Frage klären müssen, ob die teilweise über Rechtshilfeverfahren mit Frankreich zusammengetragene Beweislast für eine Anklage beim Bundesstrafgericht von Bellinzona ausreicht.

Neu Zürcher Zeitung Samstag, 23. August 2008

 


Ermittlungen gegen Oskar Holenweger vor Abschluss

Rechtshilfe bis Ende Juli erwartet

Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Privatbankier Oskar Holenweger, die inklusive sieben Wochen Untersuchungshaft und einer umstrittenen GPK-Untersuchung in Bern bereits viereinhalb Jahre andauern, sollten nach Möglichkeit bis im Herbst abgeschlossen werden, sagte der federführende Untersuchungsrichter Ernst Roduner auf Anfrage. Noch ausstehend ist das Rechtshilfeverfahren mit Frankreich, wo – ausgehend von Informationen aus dem Schweizer Rechtshilfegesuch – gegen den Alstom-Konzern unter anderem wegen Korruption ermittelt wird.

Holenweger wird beschuldigt, zuletzt Anfang Juni durch dem «Wall Street Journal» zugespielte Untersuchungsakten, zumindest einige der «schwarzen Kassen» von Alstom verwaltet zu haben. Bis Ende Juli hätten ihm die französischen Behörden den Vollzug der mit der Rechtshilfe verlangten Beweise in Aussicht gestellt, sagt Roduner. Möglicherweise müsse er danach noch weitere Beweise im Ausland erheben, doch dann sei Schluss: Eine unbefristete Fortsetzung der Ermittlungen sei angesichts der Länge dieses Strafverfahrens keine Option. Ob neben Frankreich noch andere Staaten (berichtet wurde von verdächtigen Zahlungen insbesondere nach Singapur) Rechtshilfe geleistet haben, will Roduner nicht sagen. Ob und in welchem Ausmass in einer späteren Phase des Verfahrens noch Beweismittel aus der Rechtshilfe Verwendung finden, sei offen.

Auf Holenwegers Geschäfte mit dem Alstom Konzern stiessen die Schweizer Behörden im Herbst 2003 im Rahmen der «Operation Ramos», die sich später zu einer politischen Affäre ausweiten sollte. Eine Vertrauensperson der Bundesanwaltschaft (ein kolumbianischer Drogenbaron mit einschlägigen Vorstrafen) führte einen verdeckten Ermittler zu Holenweger. Dieser nahm in zwei Tranchen mehrere Hunderttausend Euro entgegen, die der verdrahtete Ermittler als «schmutziges» Geld deklarierte, und versuchte diese bei einer Grossbank zu wechseln.

Die gewerbsmässige Geldwäscherei ist in diesem Verfahren einer der möglichen Anklagepunkte. Möglicherweise muss sich der Banquier, der im letzten Herbst wegen seines «H-Plans» (ein angeblicher Plan eines Putschs gegen den Bundesanwalt) berühmt wurde, möglicherweise auch wegen ungetreuer Geschäftsführung verantworten. – Roduner, der eigentlich schon pensioniert ist, wurde vom Bundesstrafgericht zum ausserordentlichen Untersuchungsrichter gewählt, da mit der Fall ohne weitere Verzögerungen abgeschlossen und der Bundesanwaltschaft übergeben werden kann. Diese muss dann entscheiden, ob und in welchen Punkten sie Anklage erheben will. Der Ausgang des Verfahrens Holenweger hat auch eine politische Dimension. Einen Freispruch könnte der ehemalige Justizminister Christoph Blocher zu seiner Entlastung verwenden, während Landschaftsmaler Valentin Roschacher Schuldsprüche zu seinen Gunsten auslegen könnte.

Neue Zürcher Zeitung, 24. Juni 2008

 


Die Verluderung der Schweizer Justiz

Der Bundesanwalt kann nach der Abwahl von Christoph Blocher aus dem Bundesrat wieder richtig untersuchen und anklagen. Die Anklage gegen die Geldwäscher der Zigarettenmafia von Ende September 2008.

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