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Der Himmel wird mich
nicht haben wollen
die Hölle
hat Angst ich übernehme sie
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Seit bald vier Jahren ermittelt der Bund gegen 17
Hells Angels wegen Verdachts auf organisierte
Kriminalität. Ausser ein paar Einzeldelikten
hat die Behörde aber kaum etwas in der
Hand.
Im «Angel Place» an der Zürcher
Langstrasse war am 28. März 2004 die
Hölle los. 300 Polizisten stürmten das
Klublokal der hiesigen Hells Angels und nahmen die
Anwesenden fest. Begleitet wurde das Spektakel von
einem Journalistentross, der dokumentieren sollte:
Schaut her, den Bundesstrafverfolgern ist ein Coup
gelungen!
Seither laufen Ermittlungen gegen 17
Höllenengel, bärtige, verlebte
Männer, viel Glatze, viel Bauch. Alle sind sie
zwar längst aus der Untersuchungshaft
entlassen, stehen aber weiter im Verdacht,
Mitglieder einer kriminellen Organisation zu sein -
oder einer solchen zumindest vor vier Jahren
angehört zu haben. Verdächtige sind sie
seit damals vor vier Jahren, als der seinerzeitige
Bundesanwalt Valentin Roschacher einen Grosserfolg
präsentieren wollte. Damals, als er
Justizminister Blocher am Vorabend der Razzia stolz
verkündet hatte: «Morgen werden die Hells
Angels eingepackt.»
«Der Fall ist viel kleiner als
erträumt»
Mit jedem Monat, um den sich das Verfahren
weiter in die Länge zieht, wird der Druck
grösser, endlich Resultate zu liefern. Nach
Informationen des «Tages-Anzeigers» setzt
Bundesanwalt Erwin Beyeler alle Hebel in Bewegung,
um den drohen den Flop abzuwenden. Er habe vor,
sagen Insider, die Hells Angels - koste es, was es
wolle - wegen organisierter Kriminalität (OK)
anklagen zu können. «Beyeler setzt
enormen Druck auf», bestätigt ein
Mitglied der Bundesanwaltschaft, «etwas
anderes als eine Anklage wegen organisierter
Kriminalität darf es nicht geben. Man will
nicht wahrhaben, dass der Fall viel kleiner ist,
als man sich ihn erträumt hat.»
Liefern muss derzeit der eidgenössische
Untersuchungsrichter, Ernst Roduner, bei dem der
Fall seit drei Jahren hängig ist. Auf die
Frage, wie es denn nun um den Verdacht der
organisierten Kriminalität stehe, bleibt
Roduner vage: «Die Art und Weise, wie Hells
Angels verschiedene Straftaten begingen, hat den
Verdacht auf organisierter Kriminalität nicht
aufgelöst, im Gegenteil.» Ob sich aber
der Verdacht «bis zur Anklagereife
erhärtet, werden die Befragungen und weitere
Ermittlungen ergeben».
Als sicher gilt bei den Anwälten immer hin,
dass Hells Angels-Mitglieder angeklagt werden. Es
handelt sich dabei aber um Delikte Einzelner. Den
meisten davon war die Polizei auf die Spur
gekommen, weil sie während Monaten dank einer
Videokamera die Gespräche der Hells Angels im
Klublokal hatte mitverfolgen können. So hatte
Serge Blondin, ehemaliger Chef der Hells Angels,
beispielsweise vor laufender Kamera einem Mann, den
er als Nebenbuhler verdächtigte, mit einem
Gewehr ins Gesicht geschlagen. Ebenfalls vor der
Polizei prahlten die Lederjacken einen geplanten
Raub auf einen Geldtransporter. Weiter ging es um
Hanfhandel, um Anstiftung zum Verprügeln eines
Mannes im Auftrag seiner Ex-Partnerin oder um
Buttersäureanschläge auf Bordelle der
Konkurrenz. Hätte die Bundeskriminalpolizei
aus der Überwachung Hinweise auf organisierte
Kriminalität gewonnen, wäre das Verfahren
wohl wesentlich kürzer ausgefallen.
«Nun ist ein Kleinkrieg im Gang», sagt
Till Gontersweiler, Anwalt eines Hells Angels,
«eine reine Gesichtwahrungsgeschichte für
die Bundesanwaltschaft». Zu Verurteilungen
wegen organisierter Kriminalität werde es
nicht kommen, sind die Anwälte überzeugt.
Den Vorwurf der Gesichtswahrung weist
Untersuchungsrichter Roduner seinerseits
zurück: «Es geht um die Wahrheitsfindung,
um Fakten, die man zusammen tragen muss. Bei 17
Beschuldigten ist das nicht einfach.»
Der Staat fährt die Harleys
Franz Riklin, Strafrechtsprofessor in Freiburg,
ist grundsätzlich skeptisch. «Ich hatte
immer den Eindruck, der Vorwurf der organisierten
Kriminalität sei eher ein Mittel, um
möglichst rasch Beschlagnahmungen und
Telefonkontrollen durchzuführen.» Und der
Zürcher Milieuanwalt Valentin Landmann, der
Blondin vertritt und als Sprecher der Hells Angels
amtet, kritisiert das lange Verfahren als
«sehr belastend für die
Betroffenen». Einzelfälle
«durchzuziehen, wäre sinnvoll, aber
irgendeinmal müsste man einsehen, dass
organisierte Kriminalität nicht der Punkt
ist».
Was den Hells Angels speziell weh tut, ist der
Verzicht auf die Motorräder - ihre Harley
Davidsons - und auf Autos. «Mein Klient hat
ein paar beschlagnahmte Töffs, einen Ferrari
und einen Hummer», sagt Gontersweiler.
«Den Schmuck, mit dem er gehandelt hatte, gab
man ihm dagegen zurück. Obwohl dieser viel
mehr wert war.»
Die Fahrzeuge werden übrigens vom Staat
gewissenhaft gewartet - und zwischendurch auch
bewegt.
Von Verena Vonarburg, Tages-Anzeiger 28.
März 2008,
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Kommentar
Was hat diese
Räubergeschichte mit dem sauberen Finanzplatz
Schweiz zu tun?
Zum einen Nichts:
Kerle die gerne Motorrad fahren, Saufgelage im Wald
abhalten, wilde Parties mit Drogen im privaten
Clublokal feiern, und das teilweise finanzieren mit
dubiosem Geschäftemachen an der Grenze der
Illegalität oder darüber hinaus. Die
rotten sich zusammen und organisieren manchmal
gemeinsam ihr «Business». Mit den Hells
Angels hat man eine Gruppe von Leuten gefunden, die
man nicht mag, mit denen man nichts zu tun haben
will und die teilweise kriminelle Taten begehen. -
Ganz klar, ein Fall für die
Bundesanwaltschaft?
Zum anderen Vieles:
Man stellt fest, auch in der Schweiz gibt es
organisierte Kriminalität. Die Bekämpfung
ist schwierig. Die Justizbehörden in kleinen
Kantonen sind oft überfordert. Der
Bundesanwalt hat den Auftrag, da zu
«helfen». Nur die Zuständigkeiten
sind nicht klar, die Verordnung ist
schwammig.
Dubioses
Geschäftemachen an der Grenze der
Illegalität oder darüber hinaus machen
aber auch ganz umgängliche, mit
gesellschaftstauglichen Manieren ausgestattete
Manager. Wenn jemand von diesen betrogen wird und
Anklage erhebt, werden Anwälte bemüht,
die alle legalen Tricks bis an die juristische
Schmerzgrenze für ihre Mandanten bemühen.
Die kantonalen Justizorgane beissen auf Granit und
stellen letztendlich die Verfahren ein.
Würde
«Hilfe» von der Bundesanwaltschaft da
weiterführen? Aber nein, so nicht! Diese
mischt sich nicht in laufende Verfahren ein,
untersucht nichts was die kantonalen Behörden
schon angeschaut haben! - Ganz klar, kein Fall
für die Bundesanwaltschaft
!
Fazit: Die Grossen
lässt man laufen, die Kleinen sperrt man ein!
Es wäre höchste Zeit, die Abläufe
und Zuständigkeiten der Schweizerischen Justiz
zu überdenken!
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